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Gestalter*in werden: Wie ich Lernen zu meiner Sache machte.

Gestalter*in werden: Wie ich Lernen zu meiner Sache machte.

Alisa Koehler

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The speaker reflects on their own journey of continuous learning and highlights the importance of lifelong learning in today's rapidly changing world. They discuss the challenges and fears associated with learning, stemming from past experiences in education, and emphasize the need for individuals to take control of their own development. The speaker describes their own learning process, including consuming various forms of content, participating in webinars, and engaging with a network of like-minded individuals. They emphasize the importance of curiosity, courage, and variety in the learning journey. The speaker concludes by emphasizing the need for support and encouragement from others to help individuals discover their strengths and interests and create a balance between existing skills and a willingness to learn. They suggest that fostering a sense of autonomy and freedom in learning can lead to personal and professional growth. Ich sitze an meinem Schreibtisch und schaue aus dem Fenster. Meine Nase ist verstopft, mein Kopf dröhnt, und die Birke vor meinem Fenster bekommt langsam grüne Blätter. Ach, die Taube ist auch schon wieder da und versucht verzweifelt, ihren korpulenten Körper aus dem Vogelhaus rauszuquetschen. Hochmut kommt vor dem Fall, denke ich mir. Willkommen im Frühling! Ob sie wohl aus der Erfahrung lernen wird? Wohl kaum, vermute ich. Die Gier nach den letzten Körnern wird wohl größer sein als die Vernunft. Ich schweife gedanklich ab und denke an meine letzten Monate zurück. Was hat mich dazu angetrieben, meine freie Zeit beinahe täglich mit dem Zuwachs von neuem Wissen zu verbringen, anstatt an traumhaften Stränden zu liegen? Wieso habe ich zahlreiche Stunden mit Kopfhörern auf dem Ohr und Podcast-Folgen im Kopf bei Wind und Wetter an der frischen Luft verbracht, anstatt einfach nur auf dem Sofa abzuhängen oder Netflix zu schauen? Die Zeiten, in denen das vor Jahrzehnten erlernte Fachwissen aus Berufsausbildung oder Studium noch bis ins Rentenalter gereicht hat, sind in vielen Bereichen längst überholt. Manch einer stellt sich die Frage, wie sehen die Skills von morgen aus, hingegen andere noch nicht mal ihre aktuellen Fähigkeiten einordnen können. Die zügige Anpassung an neue Umstände und die Bereitschaft zur Veränderung prägen nicht nur die Arbeitswelt immer stärker, sondern auch unser Privatleben. Aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse wissen wir, dass unser Gehirn unter gesunden Umständen bis ins hohe Alter lernfähig bleibt. Lebenslanges Lernen ist hier das Stichwort als Erfolgsfaktor für Organisation und Individuen. Der geradlinige Lebenslauf ist Schnee von gestern, auch hier ist endlich bunter Frühling eingezogen. Wir wissen Bescheid über unterschiedliche Lerntypen und Lernstile, über die Präferenzen von neurodivergenten und neurotypischen Gehirnen. Wir entwickelten zahlreiche Lernformate, um die individuellen Neigungen und Bedürfnisse unterstützen können. Wissen ist für uns jederzeit abrufbar und kann in kürzester Zeit auf verschiedenen Wegen konsumiert werden. Kurzum, fast alle Türen stehen uns offen. Wo ist das Problem? Nicht alle Leute brechen bei dem Wort Lernen in Jubelschreie und Begeisterungsstimme aus. Unschöne Erinnerungen an Schulzeiten mit Leistungs- und Erwartungsdruck, aufregenden Prüfungssituationen oder elterlichen Ermahnungen aller »Du musst noch mehr üben« tauchen im Kopf auf. Wir wurden bewertet und benotet, beurteilt und gemaßregelt und haben uns den auferlegten Erwartungen vom autoritären Umfeld angepasst. Über uns wurde gerichtet und vielleicht sind wir mittlerweile selbst zum Richter anderer geworden. Bei manch einer Person ist die Angst vor Fehlern geblieben. Kurzum, wir waren nicht mehr Gestalter unseres eigenen Entwicklungsprozesses. Während meiner individuellen Lernreise in den letzten Monaten hörte ich über 250 Podcasts, las rund 20 Sachbücher und abonnierte vier neue Fachmagazine. Ich nahm in Webinaren teil, verbrachte meine Mittagspausen in Impuls-Vorträgen, trainierte Future-Skills in Mikro-Learning-Formaten und tauschte mich im Netzwerk mit Gleichgesinnten aus. Ich schrieb Zusammenfassungen neuer Lerninhalte oder nahm diese verbal als Audiodateien auf. Ich sammelte, strukturierte, visualisierte und erstellte das eine oder andere Quiz zur Vertiefung des Gelernten. Ich reflektierte meinen eigenen Prozess, holte mir Feedback ein, probierte neue Wege aus und passte diese an meine Bedürfnisse an. Ich fing an zu begreifen und zu verstehen und teilte diese neuen Aha-Momente in meinem Netzwerk, um andere zu inspirieren. Zusammengefasst, ich allein war die Gestalterin meines eigenen Lernprozesses, selbstbestimmt und interessengeleitet. Jetzt mal Butter bei der Fische, was braucht es denn, damit Menschen sich persönlich und fachlich weiterentwickeln wollen und können? Der Wunsch nach Entwicklung endet oft am Tun, nicht am Wollen. Wir sind übermüdet vom Arbeitsalltag und ihrer Komplexität, vom Hasten und Springen, von Ansprüchen an uns selbst und unsere Umwelt. Wir freuen uns, wenn wir am Nachmittag noch Zeit finden, uns zu strukturieren, weil spätestens am Ende des Tages der Kopf voll und das Hirn leer ist. Wir sind müde und wir sind energielos, getriebener und antriebslos zugleich. Gestalterische Freiheit sieht anders aus. Im Berufsalltag, zwischen vollen Terminkalendern, Zeitdruck und Deadlines, immer kürzer werdenden Aufmerksamkeitsspannen und dem Wunsch, all dem irgendwie gerecht zu werden, fällt die Zeit für die eigene Entwicklung oft hinten runter. Wie formuliert es einst der französische Schriftsteller Saint-Exupéry so schön? Wie bringt man Männer dazu, Schiffe zu bauen? Lehre sie die Sehnsucht nach mehr. Ich würde ergänzen wollen, wie bringt man Menschen dazu, sich entwickeln zu wollen? Lehre sie die Sehnsucht nach Gestaltung und gib ihnen das Gefühl von Autonomie und Freiheit zurück. Es braucht einen Raum und es braucht einen Rahmen, in dem man sich traut, sich auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln, zu scheitern, zu reflektieren, um Selbstwirksamkeit und Selbstvertrauen zu erlangen, ohne Sorge vor Angriffen und Bewertungen. Gegenseitige Unterstützung und Ermutigung durch Austausch und konstruktives Feedback anstelle von bewertender Kritik. So kann jeder Individuell in seinem Tempo und mit dem passenden Lernweg wachsen und für sich selbst und die Organisation einen Mehrwert schaffen. Neugier ist der Antrieb, der den Geist öffnet, Mut ist der Motor, der ihn vorantreibt und Abwechslung ist das Gewürz, das das Lernen spannend macht. Es ist an der Zeit, unsere Entdeckerfreude wieder aufzuwecken, unsere natürlichen Kompetenzen und Interessensfelder herauszukitzeln, zu stärken und in unseren beruflichen Rollen einzusetzen. Es braucht Menschen, die Interesse in uns wecken und Funken zünden, die uns darin bestärken, unser persönliches Warum zu finden, um vom Wollen ins Tun zu kommen. Menschen, die uns helfen, herauszufinden, was wir gut können und was uns Freude bereitet, oder die uns den strukturellen Rahmen und die Sicherheit geben, das Selbst herauszufinden. Menschen, die uns unterstützen, die passende Balance zu finden zwischen vorhandenen Kompetenzstücken und persönlicher Lernbereitschaft, die uns ermutigen, aktive Gestalter zu werden, als Mensch auf Augenhöhe.

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